AMSAT Phase 3-B (OSCAR-10)

AMSAT Phase 3-B (OSCAR-10)

AMSAT OSCAR-10 eröffnete völlig neue Dimensionen im Amateurfunk. Als hochfliegender Satellit in einer elliptischen Umlaufbahn (Molnija-Orbit) mit einem Apogäum von 35.000 km und einem Perigäum von 4.000 km, waren erstmals Funkverbindungen bis zu mehreren Stunden Dauer mit aller Welt möglich. Die Umlaufzeit beträg ca. 12 Stunden. 10 Watt Sendeleistung und eine 16 dB zirkular polarisierte Sendeantenne erlaubten auch C-Lizenzinhabern den weltweiten DX-Verkehr mit Japan, USA, Südamerika und vielen “seltenen” Ländern.

AO-10 ist ein drallstabilisierter Satellit, der sich mit etwa 30 Umdrehungen pro Minute drehte. Als erster Satellit der Welt hatte er einen freiprogrammierbaren Computer an Bord, dessen Software komplett vom Boden aus austauschbar war und der gleichzeitig die Navigation und Verwaltung (Housekeeping) des Satelliten erledigte.

Technische Daten

  • Satellitenabkürzung: AO-10
  • Projektbezeichnung: AMSAT-Phase 3B (P3B)
  • Int. Kennung: 1983-058B
  • Katalog-Nr.: 14129
  • Start: 16. Juni 1983, ARIANE 1
  • Maße: 1,35 m x 2,00 m
  • Startmasse: 155 kg
  • Umlaufzeit: 11 h 40 min
  • Apogäum: 35.440 km
  • Perigäum: 4.000 km
  • Inklination: 26,5 °

Lineartransponder

AO-10 hat zwei Transponder an Bord.

  • Mode-B (U/V):  von 435 MHz nach 145 MHz, zwei Baken, 50 W PEP, Omni- und High-Gain-Antennen. Bei einer Bandbreite von 150 kHz sind etwa 50 Verbindungen gleichzeitig möglich.
  • Mode-L (L/U): von 1269 MHz nach 435 MHz, Passband 800 kHz, zwei Baken, 50 W PEP, High-Gain-Antennen. Bei einer Bandbreite von 800 kHz ermöglichte er etwa 300 gleichzeitige Verbindungen.

In drei Jahren vom Reißbrett zum Start

Nach dem Verlust des AMSAT-P3A-Satelliten bei einem Raketenfehlstart (1980) ermöglichten große weltweite Sympathiebekundungen die Neuauflage eines P3-Satelliten in kurzer Zeit anzugehen. 1983 war es soweit. Der als P3B gebaute Satellit konnte auf dem sechsten ARIANE-Flug als AMSAT OSCAR 10 gestartet werden. Wie auch sein Vorgänger sollte er in eine hochelliptische Bahn mit mehr als 50° Inklination gebracht werden.

 

Kollission gefährdet die Mission

Nach der Separation von der Ariane kam es infolge eines Steuerungsfehlers der Rakete zu einem Zusammenstoß mit der letzten Stufe. Infolgedessen musste fieberhaft nach einer bahnstabilisierenden Lösung gesucht werden. Somit wurde das damals neue Telemetrie- und Kommandosystem und auch die Lageregelung des Satelliten gleich nach dem Start einer extremen Feuerprobe unterzogen. Für die Datenmodulation wurde erstmals synchrone Phasenumtastung und im autonomen Computer das Programmiersystem IPS eingesetzt. Nach Tagen intensiver Programmierarbeit gelang es, den Satelliten zu stabilisieren. Ein dauerhafter Schaden, nämlich der entgegengesetzte Drall, ließ sich jedoch nicht vermeiden.

Der Zusammenstoß beeinträchtige indirekt auch das Antriebssystem, so dass nur eine Inklination von 26° erreicht werden konnte. Die weiteren Bahndaten ließen die Missionsziele dennoch erreichen. Dazu gehörten unter anderem die Demonstration des globalen Funkverkehrs mit nur einem Satelliten auf hoher elliptischer Bahn und die damit verbundene Mehrfachzugriffstechnik. Besonders der 435/145-MHz-Transponder hat das Potential des P3-Orbits eindrucksvoll demonstrieren können. Mit dazu beigetragen hat die mit 50 Watt recht hohe Sendeleistung des Transponders. Sie wurde durch die Weiterentwicklung der Hochwirkungsgrad-Technologie HELAPS erreicht.

Speicherdefekte weg programmiert

Vor dem Start hatte es allerdings ein Problem gegeben. das die Mission noch beeinträchtigen sollte. Die Speicherbausteine des Bordcomputers (16 kByte statisches RAM), zur damaligen Zeit beeindruckend viel, wurden fehlerhaft geliefert und mussten kurz vor dem Start durch dynamische Speicher ersetzt werden. Wegen der hohen Strahlungsbelastung in der elliptischen Bahn war vorausberechnet worden, dass diese Bauelemente nur eine Lebensdauer von etwa drei Jahren haben werden. Fast auf den Tag genau nach drei Jahren im Orbit fing der Bordcomputer an, seine Programmierung quasi zu vergessen. Durch Software-Tricks konnte der Bordcomputer noch für einige Monate am Leben erhalten werden, aber schließlich war OSCAR 10 in seiner Orientierung nicht mehr aktiv zu steuern.

AMSAT-OSCAR 10 war aus technologischer Sicht und was die internationale Nutzung betraf eine sehr erfolgreiche Mission, deren HELAPS-Technologie vom Bundesforschungsministerium gefördert wurde. Noch fast 20 Jahre nach seinem Start meldete sich der Satellit sporadischen mit seinem Bakensignal zurück und gestattete sogar zeitweisen Funkbetrieb.

Da der Bordcomputer durch Strahlenschäden ausgefallen war, ist eine aktive Lageregelung und Steuerung des Satelliten inzwischen jedoch nicht mehr möglich. Aus diesem Grund sendet die Bake in der Regel einen unmodulierten Träger. Die Ingenieursbake ist nur während Kommandozugriffen zu hören. Sie wird dann mit 400 Bit/s PSK-moduliert.

Ausfall des Bordrechners

Nach dem Ausfall des Bordrechners ist nur noch der Mode-B Transponder eingeschaltet. Der frühere Mode-L ist nicht mehr in Betrieb! Da die Richtantennen meist nicht zur Erde zeigen, sind die Rundstrahlantennen ständig eingeschalten, daher ist auch teilweise mit schwächeren Signalfeldstärken zu rechnen.

Winterschlaf

Da die Solarzellen durch den Bordcomputer nicht mehr optimal zur Sonne ausgerichtet werden können und die Batterien inzwischen defekt sind, kann AO-10 nur noch genutzt werden, wenn er ausreichend Sonnenlicht erhält. In diesem Fall ist die allgemeine Bake mit einem frequenzstabilen Signal zu hören. Schwankt die Bakenfrequenz (Jaulen) dann liefern die Solarzellen nicht mehr genügend Strom um einen einwandfreien Transponderbetrieb aufrecht zu erhalten. Wenn der Sonnenwinkel zu schlecht w ird, dann kann AO-10 für mehrere Monate vollständig verstummen. Bisher hat er sich nach seinem “Winterschlaf” jedoch fast mmer wieder zurückgemeldet.

Satellitenbahn

Durch die niedrige Inklination wandert die Bahnebene gegenüber der Äquatorialebene der Erde. Periodisch liegen Apogäum und Perigäum wechselweise über der Nord- bzw. Südhalbkugel. Damit ändert sich auch der Einzugsbereich des Satelliten. Eine Periode von der Nordhalbkugel zur Südhalkugel und zurück dauert etwa 3 Jahre und 9 Monate.

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