Kürzel : | AO-40 |
Projektname : | Phase 3-D |
Internationale Kennung : | 2000-072B |
NASA-Katalog-Nr. : | 26609 |
Start : | 16.11.2000 um 1.07 UTC mit ARIANE-5 (AR507, Vol. 153) |
Erbaut durch : | AMSAT-DL, unter Beteiligung weiterer internationaler AMSAT-Organisationen. |
Abmessungen : | Durchmesser 230 cm, Höhe 70 cm (ohne Antennen und Motor). Spannweite mit entfalteten Solargeneratoren 6,5m |
Startgewicht : | 650 kg, davon Treibstoff 244,3 kg |
Antriebssystem : | Bi-propellant MMH/N2O4 und ein Arcjet-System NH3 |
Lageregelung : | aktiv elektromagnetisch, spinstabilisiert |
Lizenz/Rufzeichen : | DP0WH (Inhaber Dr. Karl Meinzer, DJ4ZC) zu Ehren von Werner Haas, DJ5KQ† |
Apogäum : | 60.000 km |
Rekordverdächtig
OSCAR-40 ist der bislang größte Amateurfunksatellit, der von der AMSAT erfolgreich gestartet wurde. Aber auch seine Nutzlasten sind rekordverdächtig. Kein Satellit war zuvor mit soviel Elektronik vollgestopft, die Funkamateuren neue Übertragungsmöglichkeiten bietet und eine Plattform für zahlreiche technologische Experimente darstellt.
Experimente
Viele der sich an Bord befindlichen Experimente lieferten sensationelle Erkenntnisse. Mit dem CEDEX-Strahlungsexperiment der University of Surrey wurde z.B. ein neuer Strahlungsgürtel entdeckt. Mit dem GPS-Experiment, welches von der NASA gesponsert wurde und auch zur Bestimmung der 3-Achsenfluglage dient, gelang erstmalig die Satelliten-Positionsbestimmung aus einer Bahn, die deutlich über den GPS-Satelliten liegt. Eine Tatsache, die die NASA für künftige automatische Andockmanövern von autonomen Raumfahrzeugen nutzen möchte. Ebenso lieferten die magnetisch gelagerten Drallräder ausgezeichnete Ergebnisse und funktionieren planmäßig. Ein neuartiges Plasma-Triebwerk („Arcjet“), dass von den Universitäten Stuttgart und Dresden gemeinsam entwickelt wurde, dient zur Feinkorrektur der Bahn und benötigt ausser dem hochreinen Spezialgas Ammoniak 5.0, nur viel elektrische Energie. Hierzu entwickelte AMSAT-DL ein einsatzfähiges und flugtaugliches Hochleistungsnetzgerät mit sehr hohem Wirkungsgrad. Mit dem CAN-Bus, der ursprünglich aus der Automobilelektronik kommt und zur Vernetzung von elektrischen Einheiten im Auto dient, hat AMSAT auch dessen Tauglichkeit zur Vernetzung in Satelliten erfolgreich demonstriert und, wie so oft, wieder eine Vorreiterrolle gespielt. Künftige Satelliten werden aufgrund dieser Erfahrung zunehmend auf den CAN-Bus setzen, um damit den Kabelbaum zu reduzieren. Auch Kameras dürfen nicht fehlen. AO-40 hat gleich drei Stück davon: Das japanische SCOPE-Experiment besitzt zwei Kameras um Farbbilder von der Erde und Planeten zu liefern. Eine weitere sogenannte YACE-Kamera (Yet Another Camera Experiment) war Bestandteil des sekundären Bordcomputers mit einer modernen StrongARM Risk-CPU und lieferte zunächst Bilder von der Abtrennung des Satelliten nach dem Start und wurde später zur Navigation des Satelliten benutzt, die sich damit gegenüber den vorhandenen analogen Erd- und Sonnensensoren als sehr nützlich erwies. Um die Daten der verschiedenen Experimente allen Funkamateuren zur Verfügung zu stellen, wurde auch wieder ein RUDAK-System eingebaut. Mittels Packet Radio (AX.25) und dem sogenannten PACSAT-Protokoll ist eine effiziente Datenübertragung möglich und auch eine „fliegende Mailbox“ für Store&Forward-Aufgaben stand zur Verfügung.
Alles digital oder was?
Neben den ganzen Experimenten standen den Funkamateuren natürlich auch weltweite Kommunikationsmöglichkeiten über die verschiedenen Analog-Transponder zur Verfügung. Mittels SSB, CW und anderen schmalbandigen Betriebsarten gab es eine große Spielwiese mit Frequenzen von 145 MHz bis hinauf in den 24 GHz Bereich.
Insbesondere die Verwendung von S-Band (2,4 Ghz) als Downlink erfreute sich sehr großer Akzeptanz. Zudem wurde damit die Entwicklung von preisgünstigen Konvertern und Antennen für 2,4 GHz angekurbelt. Aufgrund dieser guten Ergebnisse werden künftige Amateurfunksatelliten verstärkt auf das S-Band setzen.
Ein steiniger Weg zum Erfolg
Mit dem geglückten Start von P3-D bzw. OSCAR-40 wurde ein großer Traum wahr und die Mühen der vielen Jahre sollten belohnt werden.
Der Alptraum kam allerdings einige Monate später, nachdem es im Haupttriebwerk des Satelliten zu einer Anomalie kam. Als das Apogäum angehoben werden sollte, gab es eine Störung in der Ventilsteuerung für das Triebwerk und die Brenndauer war erheblich länger als geplant. Im weiteren Verlauf ist es dadurch zu einem ungleichmäßigen Mischungsverhältnis der Treibstoffkomponenten gekommen und in deren Folge zu einer Überhitzung einzelner Triebwerksteile, bei der möglicherweise eine Treibstoffleitung geplatzt ist und durch die Explosionswirkung einige Teile im Inneren des Satelliten beschädigt wurden. Zum diesem Zeitpunkt fiel die gesamte Kommunikation mit dem Satelliten aus. Nachdem man den Satelliten schon fast für verloren glaubte, gelang es dann dank konsequenter Rettungsprozeduren OSCAR-40 am 1. Weihnachtsfeiertag 2000 wieder zu aktivieren. Allerdings waren sämtliche Rundstrahlantennen ausgefallen, auch die 2-m und 70-cm-Sender funktionierten nicht mehr. Lediglich die beiden S-Band-Sender auf 2.4 GHz und die Hochgewinn-Antennen waren noch voll funktionsfähig, ebenso funktionierten auch alle Empfänger. Trotz dieses zunächst großen Rückschlags erwies sich OSCAR-40 als sehr robust und einsatzfähig. Aus Fehlern lernt man und so sind die Ergebnisse von großem Nutzen für künftige Experimente. Insbesondere der S-Band Betrieb war sehr erfolgreich und erfreute sich großer Beliebtheit.
Nach fast 4 Jahren Betrieb, kam es vermutlich als Folgeschaden des Unglücks zu einem Kurzschluß in der Hauptbatterie. Versuche auf die Reservebatterie umzuschalten verliefen bislang leider vergeblich, werden aber fortgesetzt.